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Hinterfragt und neu gedacht: Warum Negativ und Positiv nicht gleich Positiv ist

Hinterfragt und neu gedacht: Warum Negativ und Positiv nicht gleich Positiv ist

Additionsregeln: Warum Negativ und Positiv nicht gleich Positiv ist

„Think Positive!“ Wer kennt diesen Ratschlag nicht? Doch was nutzt er, wenn es uns gerade so überhaupt nicht „positive“ geht?

Eine Recherche nach dem Suchbegriff „positive thinking“ in wissenschaftlichen Datenbanken erzielt über sechsmal mehr Ergebnisse als das Schlagwort „Burnout“ und sogar etwas mehr als „Depression“[1]. Zahlreiche Bücher, Trainings und Blogs schildern verschiedene Methoden, wie wir es bewerkstelligen können, positiv zu denken bzw. positiv zu sein. Selbstverständlich ununterbrochen und überall! Denn „[wir] sind alleine für unsere Gedanken verantwortlich und unsere Lebenseinstellung ist eine Wahl. Wenn wir dazu neigen, negativ zu denken, dann möchten wir auch auf diese Weise denken.“ [2]

Stellen Sie sich vor, es geht Ihnen gerade so richtig mies, aber in einem Seminar haben Sie nahegelegt bekommen, dass durch positives Denken alles gleich besser aussieht. Und jetzt lesen Sie so etwas. Motiviert Sie diese Aussage? Oder denken Sie eher „Na toll, es läuft gerade sowieso alles bescheiden und jetzt soll das auch noch allein meine Schuld sein?“. Die meisten Menschen stimmt die Tatsache, dass Sie selbst für Ihre missliche (emotionale) Lage verantwortlich und doch „einfach“ positiver sein sollen, eher noch schlechter als dass sie ihnen hilft. Dieser Zusammenhang ist sogar empirisch belegt. Positives Denken hilft nur dann, wenn es uns sowieso schon ganz gut geht[3]. Durch den Positiv-Denken-Hype entsteht für viele Menschen der Eindruck negative oder unangenehme Gedanken, Zweifel und schlechte Stimmung seien abnormal oder ein Zeichen von Schwäche. Nur wer positiv denkt, ist erfolgreich. Dieses Phänomen kann zu einem Teufelskreis von sich selbstverstärkenden negativen Gedanken führen und somit den Selbstwert noch weiter senken.

Es ist wichtig zu verstehen, dass wir unser Denken tatsächlich selbst beeinflussen können (in diesem Sinne ist nur der zweite Teil des zu Anfang zitierten Satzes falsch). Die Bewusstmachung dessen ist der erste Schritt weg von passivem Verhalten hin zu aktivem, selbstwirksamem Verhalten. Es bedeutet aber nicht, dass wir unser Denken dahingehend ändern müssen, nur noch positive Gedanken zu zulassen. Ein andauerndes Verdrängen negativer Gedanken kann uns davon abhalten, tatsächlich etwas an unserer Situation zu ändern. Durch den ständigen Aufruf positiv zu denken versuchen wir unsere Einstellung anzupassen, das Gute in jeder Situation zu suchen und uns auf die Chancen zu konzentrieren, die aus einer vermeintlich unangenehmen, misslichen Lage entstehen können. Dabei gibt es oft genug auch Dinge, die uns zu Recht stören, die nicht in Ordnung sind und die geändert werden können und sollten.

Positives Denken bzw. Optimismus sollte demnach nicht isoliert betrachtet werden. Das Resilienz Modell mit dem das EO Institut arbeitet, stützt sich auf die drei Elemente Optimismus, Akzeptanz und Lösungsorientierung. Insbesondere letzteres ist essentiell. Um lösungsorientiert handeln zu können muss sich kritisch mit dem zugrundeliegenden Problem bzw. der zugrundeliegenden Fragestellung auseinandergesetzt werden. Ausschließlich positive Stimmung kann dies sogar verhindern. Negative Stimmung ist unter bestimmten Umständen förderlich für unsere Arbeits- und Denkweise. In schlechter Stimmung verarbeiten wir Informationen analytischer und genauer[4]. Wir achten stärker auf Details, sind kritischer und verlassen uns nicht nur auf automatisierte, übergeordnete Strukturen und Faustregeln (Heuristiken).

Die durch Individualismus und Positivismus verstärkte implizite Annahme, jeder sei für sich selbst verantwortlich und wenn es einem schlecht geht, ist das persönliches Versagen, führt gerade im Arbeitskontext dazu, dass Probleme oder Änderungsvorschläge gar nicht erst geäußert werden. Um also langfristig innovativ und lösungsorientiert zu arbeiten, sollte eine Unternehmenskultur gefördert und gelebt werden, in der es akzeptiert wird, auch mal schlecht gelaunt zu sein. Raten Sie ihrem mürrischen, frustrierten oder traurigen Kollegen bitte nicht er solle doch „einfach“ positiv denken. Denn dadurch wird nicht nach den eigentlichen Ursachen, die oftmals im Zusammenhang mit dem Arbeitskontext stehen, gesucht. Wie gesagt, hat ein positiver Fokus insgesamt tatsächlich eine förderliche Wirkung – aber eben nur im Sinne einer Primärprävention für diejenigen, die bereits optimistisch sind. Wenn Sie also das nächste Mal also mit dem falschen Fuß aufstehen, zweifeln Sie nicht an sich, versuchen Sie nicht krampfhaft positiv zu denken. Schwierigkeiten und Misserfolge müssen vor Kollegen und Führungskräften thematisiert werden können, ohne den Mitarbeiter als Pessimist abzustempeln. Denn ein insgesamt positiver Fokus kann nur dann erreicht werden, wenn Ursachen für Probleme gefunden werden und gemeinsam nach Lösungen gesucht wird.
Und diese Sichtweise auf negative Gedanken und schlechte Stimmung ist doch irgendwie schon wieder positiv…oder?

Laura Buchinger ist Psychologin (M.Sc.) am EO Institut in Berlin. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Stressmanagement und Burnout-Prävention sowie im Bereich Methoden, Evaluation und statistischer Datenanalyse.

[1] Google Scholar, accessed February 6th 2017.

[2] WikiHow. Eine positive Lebenseinstellung bekommen. http://de.wikihow.com/Eine-positive-Lebenseinstellung-bekommen, accessed February 6th 2017.

[3] Wood, J. V., Elaine Perunovic, W. Q., & Lee, J. W. (2009). Positive self-statements: Power for some, peril for others. Psychological Science20(7), 860-866.

[4] Werth, L., & Mayer, J. (2008). Sozialpsychologie. Spektrum Akad. Verlag.

 

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