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Hinterfragt und neu gedacht: Business-Yoga, Schlaf-Apps und Ernährungs-Wettstreit – Selbstfürsorge oder Leistungsoptimierung?

Hinterfragt und neu gedacht: Business-Yoga, Schlaf-Apps und Ernährungs-Wettstreit – Selbstfürsorge oder Leistungsoptimierung?

„Zu Professionalität gehört auch, sich zu entspannen“. Mit dieser Aussage reagiert die Chef-Bankerin der ZDF-Serie „Bad Banks“ auf den Zusammenbruch ihres noch am Anfang der Karriere stehenden Schützlings. Zugegebenermaßen ist dies keine wissenschaftlich hochwertige Quelle und hoffentlich arbeitet die Mehrheit der Arbeitnehmer/-innen in der Realität auch keine 20 Stunden am Tag (und das auch noch trotz Krankheit), was in der Serie als Normalität präsentiert wird. Die Verschmelzung von Privatem und Beruflichem ist zwar in der Serie extrem dargestellt, eine zunehmende Inklusion von Privatem in das Berufliche lässt sich aber auch in der Realität beobachten. Meistens fällt der Begriff Entgrenzung im Zusammenhang mit mobilem und flexiblem Arbeiten. Wer z. B. von zu Hause arbeitet, läuft Gefahr, nie richtig abschalten zu können, da das Berufliche ins Private eindringt. Entgrenzung betrifft aber längst nicht mehr nur Personen, die sich bewusst für eine solche „Vermischung“ entscheiden. Ursprünglich private (Ausgleichs-)Aktivitäten, wie Entspannung, Sport, Ernährung und sogar Schlaf finden zunehmend Einzug in die Arbeitswelt.

Dass Nap-rooms oder Yoga- und Meditationsstunden für Beschäftigte in großen Beratungshäusern und globalen Tech-Riesen, Teil des betrieblichen Gesundheitsmanagements darstellen, ist heutzutage normal und spricht für einen verantwortungs- und gesundheitsbewussten Arbeitgeber. Denn dass durch wenig oder schlechten Schlaf hohe organisationale Kosten entstehen, ist keine wirkliche Neuigkeit. Aber ist es als Reaktion auf solche Studienergebnisse nun angebracht, dass Unternehmen sich dieser Thematik stärker widmen, indem zum Beispiel allen Beschäftigten Schlaf-Apps installiert werden? Oder, dass ein großer deutscher Automobilhersteller aus der Förderung einer gesunden Ernährungskultur einen Wettkampf macht? Hat das noch etwas mit betrieblichem Gesundheitsmanagement zu tun? Denn wie soll ich richtig entspannen, mich erholen oder ausschlafen, wenn auch hier wieder der Effizienz- und Leistungsgedanke im Vordergrund steht? Bin ich entspannt genug? Bin ich im Hier und Jetzt? Schlafe ich gut genug und wenn nicht, liegt das daran, dass mein „sleep management“ schlecht ist? Vielleicht schlafe ich tatsächlich schlecht, weil mein „sleep management“ defizitär ist, weil ich zu wenig entspanne oder zu wenige business-yoga Klassen besuche. Vielleicht aber auch, weil die Arbeitsbelastung tatsächlich zu hoch ist. Psychische Belastungen können nachweislich die Schlafqualität beeinträchtigen und spätestens ab hier hat das Ganze nichts mehr mit schlechtem „sleep management“ zu tun.

Dinge, die in ihrem Ursprung dem persönlichen Wohl dienten, werden unter dem Deckmantel des Gesundheitsmanagements zur Leistungsoptimierung zweckentfremdet. Bestes Beispiel: Yoga. Yoga hat Einzug in das Gesundheitsregime der Selbstverbesserung gefunden, soll Heilmittel für alles Mögliche sein und existiert in verschiedensten Formen. Es gibt Yoga für CEOs, Führungskräfte, Kinder, Lehrer, werdende Mütter, Menschen mit Essstörungen, Hot-Yoga, Acro- und sogar Bier-Yoga. Leider wird dabei häufig wieder der Leistungsgedanke in den Vordergrund gestellt.

Als ich angefangen habe, Yoga zu praktizieren, hat mich an der Yoga-Philosophie (ja, es ist eine Philosophie, keine Sportart!) genau das fasziniert: dass es keinen Leistungsgedanken gibt. Dass es nicht darum geht, möglichst lange im Kopfstand zu stehen oder das Bein hinter den Kopf zu klemmen. Dass man als Mensch genau so willkommen ist, wie man ist. Unabhängig davon, ob man CEO oder Auszubildender ist – weshalb die Unterscheidung zwischen Business-Yoga und anderem Yoga völlig artifiziell ist.

Beim Yoga geht es darum, durch das Üben bestimmter Bewegungssequenzen in Kombination mit bewusster Atmung und Meditation die Verbindung zwischen Körper und Geist bzw. Gedanken (engl. Mind) wiederzufinden. Diesen Kontakt haben die meisten von uns nämlich verloren. Wir nutzen Schlaf-, Ernährungs- oder Fitnessapps, die uns unseren Tag tackten, aber wir spüren nicht mehr selbst, wann wir Erholung brauchen, wann wir körperlich und emotional erschöpft sind, unser Körper bestimmte Nährstoffe braucht.

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte nicht sagen, dass die Entwicklung hin zu einem „sich kümmernden“ Arbeitgeber, der sich für die physische und psychische Gesundheit seiner Beschäftigten interessiert und diese fördern möchte, grundsätzlich schlecht ist. Ganz im Gegenteil. Schließlich besteht ein Großteil meiner Arbeit beim EO Institut daraus, Unternehmen für Gesundheitsthemen zu sensibilisieren. Allerdings existiert meiner Meinung nach ein Unterschied zwischen dem Aufzeigen von Möglichkeiten und dem Zwang bzw. impliziten Druck, die eigenen Entspannungsstrategien, den Schlaf, die Ernährung – you name it – an die Unternehmensrichtlinien anzupassen. Mir geht es um den feinen Unterschied zwischen Selbstfürsorge der Selbstfürsorge wegen und Selbstoptimierung der Leistungserhaltung- bzw. Steigerung wegen. Um die Verbindung mit den eigenen körperlichen und psychischen Bedürfnissen wieder herstellen zu können, hilft es für gewöhnlich nicht, eine Stunde zum Business-Yoga zu gehen, sondern hierzu müsste schon ein Schritt hinaus aus dem Hamsterrad erfolgen. Und da die Methoden, die uns eigentlich von all dem, was uns stresst und belastet, distanzieren sollen, zunehmend Teil des Hamsterrads werden, ist das in vielen Fällen eben nicht möglich.

Laura Buchinger ist Psychologin (M.Sc.) am EO Institut in Berlin. Als zertifizierte Yoga-Lehrerin bietet sie regelmäßig Yoga-Seminare zum Thema Stressmanagement und Burnout-Prävention an.

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