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Gefährdung erkannt, Gefährdung gebannt? Weshalb die Gefährdungsbeurteilung letztlich ein Change-Management-Projekt ist

Gefährdung erkannt, Gefährdung gebannt? Weshalb die Gefährdungsbeurteilung letztlich ein Change-Management-Projekt ist

Seit 2013 besteht die gesetzliche Verpflichtung zur Ermittlung der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Dennoch haben sich viele Unternehmen und Organisationen bislang nicht an das Thema herangetraut. Allein schon die Unterscheidung zwischen Arbeitsplatzbedingten psychischen Belastungen und individuellem Stress ist für viele Personen ein großes Fragezeichen. Oftmals ist daher seitens der betrieblichen Akteure der Wunsch da, das Ganze „doch ganz schnell abzuwickeln, ohne viel Wind zu machen“. Am besten ist es, wenn es noch nicht einmal jemand mitbekommt, erst recht nicht die Beschäftigten, deren Arbeitsplätze begutachtet werden sollen. Und hier beginnt das Missverständnis: Denn anders als z. B. bei physikalischen Faktoren können Arbeitsplätze hinsichtlich psychischer Belastungsfaktoren nur beurteilt werden, wenn man die Stelleninhaberinnen und -inhaber befragt. Schlussendlich ist die Beurteilung nur der erste vieler Schritte, die Arbeitsplätze weitestgehend gesund und sicher zu gestalten – und das eben auch für die Psyche.

Dass sich dieser Aufwand lohnt, ist mittlerweile bekannt. Laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) entstanden 2017 in Deutschland 76,4 Mrd. Euro Produktionsausfallkosten aufgrund von Arbeitsunfähigkeit. 19,4 Milliarden Euro allein für die beiden häufigsten Erkrankungsarten, Muskel-Skelett- und psychische Erkrankungen[1]. Im Angesicht der sich wandelnden Arbeitswelt (z.B. Fachkräftemangel, steigende Komplexität) tun Unternehmen und öffentliche Einrichtungen gut daran, in “gesunde” Arbeitsplätze zu investieren und dadurch Personalausfälle zu vermeiden bzw. zu reduzieren.

Und genau das ist das Ziel einer professionell durchgeführte Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. Belastungssituationen werden präventiv ermittelt und Maßnahmen zur Reduktion von kritischen Faktoren bzw. Maßnahmen zur Stärkung von Schutzfaktoren umgesetzt. Letztlich geht es dabei immer um die gesundheitsorientierte Optimierung der Arbeitsorganisation. Das bedeutet aber auch, dass gewohnte Abläufe angepasst werden müssen (teilweise auch radikal). Und das führt oft zu Problemen: Den viele Menschen – egal ob angestellt oder in Führungsverantwortung – scheuen die Veränderung. Das Ziel der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung – die Schaffung sicherer und gesunder Arbeitsplätze – wird damit zu einem Veränderungsprojekt, welches eines professionellen Change-Managements bedarf. Fakt ist: Die meisten Veränderungen im Arbeitsalltag sorgen im ersten Moment für Verunsicherung. Sie werden daher kategorisch abgelehnt, auch wenn ihr Nutzen letztlich überwiegt. Veränderungen bedeuten für jeden Einzelnen, dass gewohnte Verhaltensweisen hinterfragt, teilweise abgelegt und neue Verhaltensweisen erlernt und integriert werden müssen. Das ist für eine einzelne Person mitunter schon nicht leicht. Veränderungen aber, die das ganze Team oder die ganze Organisation betreffen, sind um ein Vielfaches komplexer und sollten systematisch und strukturiert begleitet und gesteuert werden.

Eine gute Begleitung von Veränderungsprozessen insbesondere im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen beginnt mit Kommunikation. Führungskräfte und Beschäftigte können aktiv mit einbezogen werden, indem sie zielgruppenspezifisch sowie regelmäßig informiert werden, damit ein Maximum an Transparenz geschaffen wird. Nur durch Information und Beteiligung kann adäquat mit Widerstand und Ängsten umgegangen werden. Die Realität sieht unserer Erfahrung nach leider häufig anders aus – und das mit all ihren negativen Folgen, die letztlich vermeidbar wären.

Um einen Veränderungsprozess erfolgreich zu gestalten ist deshalb eine ganzheitliche Perspektive des Prozesses nötig. Es dürfen nicht nur organisatorische Abläufe oder strukturelle Veränderungen betrachtet werden. Zu einer nachhaltigen Maßnahmenumsetzung bedarf es auch immer einer entsprechenden Organisationskultur. Die betrieblichen Akteure sollten sich also vor allem fragen, ob ihre Organisation eine Kultur pflegt, die Gesundheit und Sicherheit fördert. Wenn dem nicht so ist, müssen Maßnahmen zu aller erst auf die Schaffung einer solchen Kultur ausgerichtet werden – und das erfordert einen gesteuerten Prozess und, wie bei allen Veränderungen, genügend Zeit zur Verstetigung.

Um die Ziele der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen (Reduzierung des Krankenstands, Steigerung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten) tatsächlich zu erreichen, sollten betriebliche Akteure die Gefährdungsbeurteilung ganzheitlicher und als Chance der Organisationsentwicklung betrachten. Eine gut durchgeführte Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen geht mit Veränderungen einher und ist damit meist aufwändiger, als anfänglich von den betrieblichen Akteuren gedacht. Daher sollte sie am besten von externen Experten begleitet werden, die bei allen Schritten (Kommunikationsstrategie, Erhebung der Belastungssituation, Maßnahmenableitung, Kontrolle des Umsetzungsstands) unterstützen und entlasten. Veränderungen sind Teil der heutigen und zukünftigen Arbeitswelt, die Frage ist also nicht, wie aufwändige Veränderungen vermieden, sondern wie nützliche und notwendige Veränderungen etabliert werden können. Im Hinblick auf die Notwendigkeit, Arbeitsplätze sicherer und gesundheitsförderlicher zu gestalten, ist dies ein Aufwand, der sich nachhaltig für Arbeitgeber und Arbeitnehmende gleichermaßen lohnt.

 

 

[1] https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitswelt-und-Arbeitsschutz-im-Wandel/Arbeitsweltberichterstattung/Kosten-der-AU/Kosten-der-Arbeitsunfaehigkeit_node.html